Sonntag, 10. Januar 2010
[ Qualität ]
Die Katastrophe, die der Gartenarchitekt
Klaus Kaiser in der neuesten
Gartenpraxis" (2009,1, S. 18-24) schildert, kommt wohl gar nicht so selten vor. An mehrere Versionen dieser Geschichte erinnere ich mich auch, erzählt von Baumschul-Kunden, die erst einmal den Spaß am Garten verloren hatten. Kein Wunder:
Jemand erwirbt ein Grundstück und baut sich sein Haus. Schon selten genug der Glücksfall, daß danach noch Geld übrig ist, den Garten professionell anlegen zu lassen. Umso schlimmer, wenn es zum Fenster hinaus geworfen wird.
Der Boden ist naß, in der Umgebung gibt es Quellen. Aber der "professionelle" Landschaftsgärtner lebt von seinem Image, für alles eine schnelle Lösung parat zu haben. Bodenprobleme? Gibts nicht für einen "richtigen Profi"! Er hat schwere Lastwagen, mit denen kann er anderen Boden anliefern. Klingt für den Laien toll. Richtigen Profis ist eben nichts zu schwer, und geht nicht gibts nicht!
Einen Meter hoch neuen Boden karrte die Firma in Klaus Kaisers Geschichte von woanders heran und kippte ihn ruckzuck auf den vorhandenen obendrauf. Damit, den Bewuchs abzutragen, machte sich niemand die Mühe. Was man nachher nicht, kostet nur unnütz Zeit, und Zeit ist Geld. Doch die Natur hat den längeren Atem und sitzt am längeren Hebel.
Fast alles, was für viel Geld (man wollte es eben richtig schön haben) auf diesen schönen neuen "Boden" gepflanzt wurde, ist eingegangen. Da hatte man nicht am Garten gespart, damit das Blühen und Gedeihen vor den Fenstern das Auge erfreue, und dann zwei Winter und zwei Sommer lang der Anblick sterbender Pflanzen.
In diesem Fall ist am Ende doch noch alles gut geworden, ein anderer, diesmal echter Fachmann hat die ganze Gartenanlage rückgängig gemacht und neu gemacht und, wie Bilder zeigen, viel schöner. Nicht immer geht die Geschichte am Ende doch noch gut aus.
Wenn Pflanzen eingehen, wird natürlich zuerst mal auf die Baumschule geschimpft, die sie geliefert hat. Wenn die sich traut und nicht allzu abhängig ist von dem Landschaftsgärtner als Großkunden, gibt sie den Schwarzen Peter weiter, denn wenn
alle Pflanzen auf einem Grundstück eingehen, muß es ja schon eher am Grundstück als an den Pflanzen liegen. Zum Schluß verdienen eventuell auch noch Gutachter, Rechtsanwälte und Gerichte an der Sache. Jedenfalls ist viel schwere Arbeit umsonst geschafft und viel Geld in den
Sand Matsch gesetzt.
Es gibt ja sogar DIN-Normen für solche Fälle. Dabei hätte nur irgendeiner bei der ganzen Aktion für eine Minute seinen Gärtner-Verstand eingeschaltet lassen brauchen, um das ganze Debakel zu verhindern. Dafür ist aber offenbar keine Zeit, wenn große Aufträge mit großen Maschinen in Nullkommanix durchgezogen werden müssen, damit fette Rechnungen gestellt werden können, von denen die großen Maschinen bezahlt werden können.
Der Boden ist keine leblose Materie, die man hin- und herschieben kann, ohne daß etwas passiert. Er muß bei Niederschlägen Unmengen von Wasser aufnehmen und ableiten, in Trockenzeiten Wasser aus der Tiefe heraufsaugen, den Pflanzen Halt und Nahrung geben. Der begrenzende Faktor ist aber die Luft im Boden. Wo aber keine Luft hinkommt, entsteht Fäulnis, sterben Pflanzenwurzeln. Jeder Zentimeter des Bodens hat seinen bestimmten Luftgehalt, wird von bestimmten Mikrolebewesen bewohnt, die bestimmte Aufgaben erfüllen. Kommt das, was oben war, nach unten und damit unter Luftabschluß, fault es und vergiftet die Umgebung. Zwischen einem neuen Boden und dem vorhandenen gibt es zunächst keine Verbindungskanäle. Erst recht, wenn der untere durch schwere Fahrzeuge verdichtet wurde. Wasser bleibt dann auf dem verdichteten Horizont stehen und ersäuft die Pflanzen, die in den aufgefüllten Boden gesetzt wurden.
358 [Arbeit mit Maschinen] [Bodenverdichtung] [Garten- und Landschaftsbau]