Mittelalter-Hospitäler in Geschichtsdarstellungen |
Johanniterregel und Heilig-Geist-Regel gelten seit der Herausbildung der Krankenpflege als aufopferungsvoller
und selbstloser
Frauenberuf im 19. Jh. als die mittelalterlichen Vorbilder für christliche Caritas bzw. Diakonie. Dabei sind ihr genaues Alter und ihre Entstehungszusammenhänge recht unklar. Regeln von Hospital-Bruderschaften in niederländischen Handelsstädten des späten 12. Jahrhunderts sind dagegen als Originalurkunden erhalten. Die den Kranken zu erweisende Unterstützung und Pflege steht darin nicht in dem liturgischen und asketischen Kontext wie in den Hospitalordensregeln, eher wie gegenseitige Hilfe, die ein reisender Kaufmann zum Beispiel dem andern leistete. Möglicherweise sind die einschlägigen Bestimmungen der bruderschaftlichen Hospitalregeln sogar ursprünglicher als die der Ordensregeln und diese von jenen abgeleitet.
Ausgangspunkt | Die Texte | Gruppierung der Texte nach Wortlautübereinstimmungen | Unterscheidung der verschiedenen Inhalts-Schichten in den Textgruppen | Entwicklungsgeschichte der Inhalte und der Texte | Resümee |
Strategie | Technik | Ergebnisse |
Die einzelnen Ketten | Beziehungen zwischen ihnen | Traditionsstränge |
Starke Querverbindungen | Brückenglied-Texte | Kettenübergreifende Wortfolgenkonkordanzen | Die Beziehungen zwischen den Ketten |
Mit wenig "Handarbeit" ? Um kettenübergreifende Wortfolgenkonkordanzen zu finden, habe ich die Tabellen "Textgruppen" und "Wortfolgen" nach Textgruppen abgefragt, die sowohl einen Text aus einer als auch einen aus einer anderen Textgruppe enthalten, also zum Beispiel "Antwerpen UND Brügge B'". Dabei habe ich zuerst Kerntexte (Antwerpen, Brüssel 1211, Brügge B', Cambrai S. Jean, eingegeben, anschliessend dann auch Brückentexte. Die Nummern der so gefundenen Wortfolgenkonkordanzen habe ich in einer Hilfstabelle gespeichert, um auf sie später jederzeit wieder zugreifen zu können.
pro qualibet … horarum
ist gemeinsamer Bestandteil der Brüssel-Brabanter Kette (ohne Aalst) mit Brügge B'-Gent und Kiel-Lübeck. Auffällig ist, daß die älteste Brügger Fassung loco cuiuslibet horę
geschrieben hatte und der Bearbeiter Bg diesen Text unterpungiert und durch die Brüssel-Brabanter Formulierung ersetzt hat.
usque ad festum … Martini
ist nur der Brügge-Genter Teilkette und der Brüssel-Brabanter Doppelkette gemeinsam; es kommt nicht in Kiel-Lübeck vor.
sub stola, res suas
und sub testimonio … magistro
verbinden die Brüssel-Brabanter Kette mit der zweiten Fassung aus Brügge (B') sowie Gent und der Kiel-Lübecker Teilkette.
Infirmus … recipiatur
kommt in Abbeville und Cambrai S. Jean-Lessines vor, es fehlt jedoch in Noyon-Beauvais-Amiens und Paris.
Die Wortfolgenkonkordanzen zu diesem Thema verbinden alle die Picardie-Texte und Rom-Jerusalem mit Cambrai-Lessines:
Et quicquid in ejus desiderium venerit si tamen
und quod non sit ei contrarium secundum posse domus
und noch drei kleinere Wortfolgen verbinden die Ketten Noyon-Beauvais-Amiens mit Cambrai S. Jean-Lessines.quasi dominus domus … antequam fratres comedant
verbindet dieselben beiden Ketten, kommt jedoch nicht mehr in Lessines vor, dafür zusätzlich in Paris.dominus domus
steht in denselben beiden Ketten, auch wieder in Lessines, dazu in Paris, S. Pol und Troyes.secundum posse
und posse domus
kommen ebenfalls in diesen Texten vor, dazu jedoch noch in Jerusalem, den beiden Versionen von Rom, S. Spirito, und Troyes; die erste Wortfolge auch noch in Gent Lepros. antequam fratres
ist gemeinsamer Bestandteil von Noyon/Amien/Beauvais, Cambrai/Lessines, Jerusalem/Rom und kommt außerdem in Angers, Paris und Troyes vor.sanitati restituatur
steht in Noyon/Beauvais/Amiens sowie in Cambrai S. Jean/Lessines sowie in Paris und Troyes.Nullus fratrum … sororum extra domum suam
und die ähnliche Wortfolge Nullus fratrum vel sororum … domum
verbinden die Ketten Brüssel/Brabant und Cambrai S. Jean/Cambrai S. Julien/Lessines, wobei die zweite Version im Gegensatz zur ersten auch Brüssel 1223 und sogar noch Coëffort umfaßt.
non coloratis fratres … sorores
verbindet dieselben Ketten wie die Bestimmungen über Ausgang, umfaßt jedoch nicht Coëffort.
refectorium dormitorium et … officinas
kommt ebenfalls in denselben Ket-ten vor wie die Bestimmungen über den Ausgang, jedoch noch nicht in Brüssel 1211.
sorores a fratribus
und fratres a sororibus
verbindet dieselben Texte (die zweite Wortfolge fehlt allerdings in Herentals) und zusätzlich s'Hertogenbosch.
Pro … autem furto
und jejunio unius … in pane et aqua punietur
scheinen die Brüssel-Brabanter Kette mit bestimmten Gliedern der Brügge-Gent-Kiel-Lübecker Doppelkette zu verbinden, nämlich Brügge B' und Gent, die zweite Wortfolge kommt auch noch in Aalst und den beiden Lübecker Texten vor, in Kiel jedoch nicht. Die Wortfolgen stehen jedoch in den verschiedenen Ketten jeweils in anderem Zusammenhang und können deshalb nichts über Verwandtschaft sagen.
Nennung des Patrons des Hauses: beati iohannis
kommt selbstverständlich kettenübergreifend in den Texten vor, die aus St.-Johannis-Hospitälern stammen: alle Brügger Texte - nicht die Lübecker - in dem aus Gent, denen aus Brüssel S.Jean und dem aus Jerusalem.
© Bernhard Höpfner 2002-2022.